"Erdogans Falle war so offensichtlich, dass nur Ignoranten hineintappen konnten"

Sowohl in der deutschen als auch in der internationalen Presse steht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan heftig in der Kritik für seine Nazi-Vorwürfe. Aber auch die Reaktionen der Niederländer erscheinen manchem Beobachter als "besonders unklug".



Für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist eine Normalisierung der Beziehungen zu den Niederlanden vorerst nicht in Sicht. "Was wollt ihr in Ordnung bringen?", fragte Erdogan am Sonntag mit Blick auf die Regierung in Den Haag vor Anhängern im westtürkischen Kocaeli. Stattdessen forderte er Sanktionen gegen die Niederlande.
"Ich appelliere an (...) alle internationalen Organisationen, die mit dem Schutz der Demokratie, der Menschenrechte, des Rechtsstaats betraut sind, ihre Stimme zu erheben, auch Sanktionen gegen die Niederlande zu verhängen", sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Die Niederlande hätten sich "nicht wie ein Rechtsstaat, sondern wie eine Bananenrepublik verhalten". Erst müssten die Niederlande den Preis für dieses "unanständige" Verhalten bezahlen, sagte Erdogan weiter.
Sowohl in der deutschen als auch in der internationalen Presse wird Erdogan derweil heftig kritisiert, ihm wird Hysterie vorgeworfen. Aber auch die Reaktion des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte wird hinterfragt.

Pressestimmen: "Erschreckend und beschämend"

Die Pressestimmen im Überblick:
Italien

La Repubblica: "Merkel hat auf die 'Nazi'-Vorwürfe des Sultans mit Sätzen geantwortet, die es nur schwer in die Geschichtsbücher schaffen werden. Die Vorwürfe des türkischen Präsidenten seien traurig und unangebracht, säuselte sie. Im Vorfeld einer wichtigen Reise am Dienstag nach Washington, wo Merkel zum ersten Mal Donald Trump begegnen wird, ist es legitim, sich zu fragen, wie effizient Merkels abwartende Diplomatie in Zeiten des neuen Despotismus und der Muskelspielchen von noch so verschiedenen Politikern sein kann. (...) Von der Türkei bis Polen, von den Vereinigen Staaten bis Griechenland, von Russland bis Italien und den populistischen Parteien ist Merkel zur Zielscheibe in Wahlkampfkampagnen von Politikern jeder Gesinnung geworden. (...) Es wird schwierig sein, dass Merkel gegen diesen dunklen Ölteppich mit Spritzwasser guten Charakters und Geduld ankommen wird."

Schweiz

Sonntagszeitung: "Was nicht normal ist, das ist die Hysterie, mit der Recep Tayyip Erdogan den Abstimmungskampf (über die geplante Verfassungsreform in der Türkei) führt. Diese Hysterie bringt Unfrieden in unser Land, ja nach ganz Westeuropa. Mit den Niederlanden und Deutschland hat sich der starke Mann vom Bosporus damit bereits schwere diplomatische Probleme eingehandelt. Kein Wunder, wenn er deren Regierungen als Nazis beschimpft. Besonders absurd sind Erdogans Vorwürfe im Falle von Holland. Am 10. Mai 1940 griff die deutsche Armee die neutralen Niederlande an. Um nach der Bombardierung von Rotterdam ähnliche Katastrophen in weiteren Städten zu vermeiden, kapitulierten die Niederlande am 15. Mai und blieben bis kurz vor Kriegsende unter Naziherrschaft. Die Türkei hingegen blieb vom Krieg verschont und arbeitete teilweise mit den Nazis zusammen. Dass heute, mehr als 70 Jahre nach Kriegsende, ein Staatspräsident eines EU-Beitrittskandidaten so auftreten kann, ist erschreckend und beschämend. Die EU hat reagiert und streicht die Hilfsgelder für die Türkei. Das wird nicht Erdogan treffen, sondern seine Landsleute."
Deutschland

Spiegel Online: "In der Türkei beschimpft Erdogan die Niederländer pauschal als 'Nazi-Nachfahren' - woraufhin Rutte seine Äußerungen 'verrückt' nennt. Und Scharfmacher Wilders fordert per Twitter mal eben, man solle die Demonstranten vor dem Konsulat aus dem Land schmeißen sowie alle diplomatischen Beziehungen abbrechen. Aber sowohl den beiden Hauptdarstellern wie auch dem Extremisten mit der Mozart-Frisur kommt der Streit gelegen. Erdogan kann den starken Mann markieren, der bösgesinnten ausländischen Mächten mit aller Macht die Stirn bietet. Rutte kann den starken Mann markieren, der die Heimat beschützt und sich nicht erpressen lässt. Und Islamhasser Wilders? Der kann die Bilder eines wütenden fremdländischen Mobs auf den Straßen einer niederländischen Stadt für seine Zwecke ausschlachten und Hass schüren gegen Muslime."
"Jedes Land muss selbst das richtige Maß suchen"


Süddeutsche Zeitung: "Hätte der niederländische Premierminister Mark Rutte trotz allem Besonnenheit zeigen und Erdoğan ins Leere laufen lassen sollen? Mag sein. Aber wer in der EU maßt sich ein Urteil darüber an, wie viel Prozent das dem Rechtspopulisten Geert Wilders auf den letzten Metern vor der Wahl eingebracht hätte? Es ist das alte Problem im Umgang mit Populisten ohne Scham und Skrupel. Einen Wettstreit in Hysterie werden sie immer gewinnen. Aber nur mit Gelassenheit ist ihnen auch nicht beizukommen. Das gilt für Wilders wie für Erdoğan. Ein einheitliches Rezept für alle EU-Staaten gibt es da nicht. Jedes Land muss selbst das richtige Maß suchen."

Frankfurter Rundschau: "Die Falle des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan war so offensichtlich, dass nur Ignoranten hineintappen konnten. Erdogan benötigt dringend ein Thema für seinen lahmenden Wahlkampf zum Präsidialsystem. Er weiß, dass nichts seine Landsleute mehr erregt als eine nationale Schmach, die es ihm ermöglicht, sich zugleich als Opfer und Kämpfer gegen 'Rassisten und Faschisten' aufzuspielen. Die Niederlande boten sich an, weil die Regierung wegen der heimischen Rechtspopulisten unter Druck steht. EU-Regierungen dürfen den Irrsinn nicht mitmachen. Sie tragen Verantwortung für die türkischstämmigen Mitbürger. Wenn man diese in die Eskalation laufen lässt, setzt man sie möglichen Angriffen aus und gefährdet die innere Sicherheit. Aus dem Eklat lässt sich lernen, dass die EU eine Strategie gegen die Provokationen aus Ankara braucht. Man sollte Erdogans Spiel nicht mitmachen und die Politiker aus der Türkei reden lassen."

Münchner Merkur: "Erdogans Provokationen auszuhalten, ist besonders hart. Aber sie à la Rutte zu kontern, ist eben besonders unklug. Es hilft nichts: Europas Staatschefs müssen im Umgang mit der Türkei besonnen bleiben. Wer die Spielregeln von Autokraten akzeptiert, hat schon verloren."

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Primjedbe

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